Elmshorn (jhf) Unter einer Karosserie liegt ein verrosteter Auspuff. Prall gefüllte Müllsäcke türmen sich hinter Windschutzscheiben. Nummernschilder fehlen. Ein Autofriedhof mitten in Elmshorn verärgert Anwohner.
Einige Autos stehen dort seit Jahren
Das Privatgrundstück zwischen der Straße Osterfeld und der Rosenstraße ist nicht eingezäunt. Es ist nicht als Parkplatz ausgewiesen, doch viele Bürger stellen ihre Autos darauf ab – für ein paar Einkäufe, für ein paar Nächte oder für Jahre. 44 Wagen finden Platz. 13 davon sind abgemeldet. Etliche verrotten. Der Eigentümer der Fläche ist unserer Zeitung bekannt. Er will anonym bleiben. Wem die Schrottautos gehören, weiß er nicht. Er will sie nicht auf eigene Kosten abschleppen lassen. Seine Befürchtung ist, dass weitere Wacks auf seinem Grundstück entsorgt werden. Das könnte ein Zaun verhindern, aber der Eigentümer will den Bürgern nicht das Gratis-Parken verderben.
Stadt schreitet nicht ein
Ein Beobachter berichtet, dass er sich seit zwei Jahren beim Ordnungsamt beschwere. Doch die Stadt sieht keinen Grund zum Einschreiten: „Aus ordnungsrechtlicher Sicht kann nur eingegriffen werden, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht“, heißt es aus dem Rathaus.
Eigentümer: Kein Baurecht erhalten
Das Areal liegt im Stadtumbaugebiet. Dessen Rahmenplan erlaubt dort den Bau eines dreigeschossigen Wohnhauses. Der Eigentümer wollte den Platz vor Jahren bebauen. Doch er erhielt kein Baurecht. Die Politik will dieses bis Ende 2024 schaffen. Doch angesichts gestiegener Kosten und Zinsen lohne sich das Bauen nicht mehr, sagt der Eigentümer.
Wann ist ein Parkplatz öffentlich?
Der Stadt sind nach ihrer Darstellung die Hände gebunden. Das Ordnungsamt sieht kaum eine Möglichkeit, gegen den Autofriedhof am Osterfeld vorzugehen. „Grundsätzlich ist das Abstellen von abgemeldeten Fahrzeugen auf dem eigenen Grundstück zulässig“, teilte Ina Scheunemann aus dem Ordnungsamt auf Anfrage der Holsteiner Allgemeine mit. Eingreifen könne sie nur, wenn von den Fahrzeugen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn Betriebsstoffe auslaufen und die Umwelt gefährden würden.
Bundesgerichtshof fasst Beschluss zum Thema "Öffentlicher Verkehrsraum"
Ein Bürger, der anonym bleiben will, zweifelt allerdings an dieser Darstellung. Rechtlich könne auch ein privater Parkplatz als öffentlicher Raum betrachtet werden, sodass die Stadt dort aktiv werden könnte. Er verweist auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Mai 2017 (4 StR 165/17). Darin ging es um die Frage, ob sich eine Straftat im öffentlichen Verkehrsraum ereignet hatte.
"Stillschweigende Duldung"
Das BGH führte aus, dass ein öffentlicher Verkehrsraum vorliege, „wenn die betreffende Verkehrsfläche ungeachtet der Eigentumsverhältnisse und ohne Rücksicht auf eine Widmung entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch tatsächlich genutzt wird.“
Ein Privatparkplatz kann öffentlicher Verkehrsraum sein
Aus diesem Beschluss ziehen Studierenden der Universität des Saarlandes in einem Verkehrsrechts-Blog (https://verkehrsrecht.gfu.com) das Fazit: „Öffentlicher Verkehrsraum kann nach dem BGH-Beschluss auch ein privater Parkplatz (hier: einer Sparkasse) sein. Demgegenüber liege kein öffentlicher Verkehrsraum mehr vor, wenn (beispielsweise durch Zugangssperren) unmissverständlich erkennbar gemacht wird, öffentlichen Verkehr auf der Fläche nicht zu dulden.“ Zugangssperren zu dem Autofriedhof in Elmshorn gibt es nicht. Der Eigentümer duldet öffentlichen Verkehr.
So greift die Stadt sonst durch
Immer wieder entsorgen Unbekannte Schrottautos auf öffentlichen Parkplätzen. In Elmshorn fordert die Stadt in solchen Fällen die Halter auf, das Fahrzeug innerhalb von vier Wochen zu entfernen. Das geschieht mit einem Aufkleber auf der Windschutzscheibe und, wenn sich die Adresse des Halters ermitteln lässt, per Post. Nach vier Wochen wird das Auto abgeschleppt und weitere vier Wochen eingelagert. Die Stadt teilt dem Halter mit, dass sein Wagen nach insgesamt acht Wochen verschrottet wird und er die Kosten tragen muss. Außerdem wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, das in der Regel eine Geldbuße nach sich zieht.