Kreis Pinneberg (jhf) „3. und 4. Gleis sofort!“ fordert die Bürgerinitiative „Starke Schiene“ auf Plakaten am Tornescher Bahnhof. Doch die Hoffnungen auf „sofort“ oder wenigstens „bald“ versinken zurzeit im Fehmarnsund, einer Meerenge vor der Insel Fehmarn.
Schwappt das Desaster in den Kreis Pinneberg?
Eigentlich sollten dort ab Ende 2029 Autos und Züge durch einen neuen Fehmarnsundtunnel vom Festland auf die Insel und in den neuen Fehmarnbelttunnel fahren, den Dänemark baut. Doch am Mittwoch, 30. Juli, wies das Bundesverkehrsministerium auf ein Planungsdesaster hin. Es habe am 23. Juli von der Deutschen Bahn erfahren, dass die Anbindung an den Fehmarnbelttunnel auf deutscher Seite nicht wie geplant bis 2029 fertig werde. Am 21. Juli hatte die Deutsche Bahn erklärt, dass der Bau des Fehmarnsundtunnels ab 2026 sechs Jahre und fünf Monate dauern werde. Mit der Fertigstellung ist demnach nicht vor Ende 2032 zu rechnen. Es steht zu vermuten, dass das Desaster aus der Ostsee in den Kreis Pinneberg schwappt.
Fehmarnbeltquerung: Ausweichroute für Güterverkehr nach Skandinavien
Die Güterzüge von Deutschland nach Skandinavien rollen vor allem auf der Trasse Hamburg-Flensburg. Für Projekte wie den viergleisigen Ausbau der Strecke Pinneberg-Elmshorn rechnet die Bahn aber mit jeweils fünfmonatigen Vollsperrungen, wie wir im Februar berichteten. Als Voraussetzung für den Bau der Gleise 3 und 4 galt daher bisher, dass die feste Fehmarnbeltquerung als Ausweichroute für den Güterverkehr steht. Wenn diese aber erst Ende 2032 fertiggestellt wird, kann nach bisheriger Logik erst 2033 mit dem Bau der Gleise 3 und 4 begonnen werden. Dagegen hieß es zuletzt, dass die Strecke nach 2030 mit der Generalsanierung der Achse Hamburg-Flensburg ausgebaut werden soll. Es droht eine dreijährige Verspätung für die Gleise 3 und 4.
Bahn und Behörden weichen aus
Aktuell will sich niemand zu den Auswirkungen des Planungsdesasters beim Fehmarnsundtunnel auf den Bau der Gleise 3 und 4 im Kreis Pinneberg äußern. „Das lässt sich leider seriös noch nicht ansatzweise abschätzen“, heißt es aus dem Kieler Verkehrsministerium. Die Deutsche Bahn weicht Fragen zu dem Thema aus: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine weiteren Auskünfte geben können.“ Das Bundesverkehrsministerium beantwortete Fragen unserer Zeitung dazu gar nicht.
"Schwierigkeiten beim Abschluss der Planungen und der Baurechtserlangung"
Das Eisenbahnbundesamt als wie Planfeststellungsbehörde für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes darauf hin, dass sich der Zeitplan nicht halten lässt. Die Arbeiten auf deutscher Seite würden sechs Jahre und fünf Monate dauern, also bis Ende 2032. Das Amt bezog sich auf die DB InfraGO AG. So geht der zeitliche Verzug aus einem Bericht der Deutschen Bahn und der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) zur deutschen Anbindung an die Fehmarnbeltquerung hervor. Das Bundesverkehrsministerium (BMV) will erst am 23. Juli von dem Desaster erfahren haben. Als dessen Gründe nennt es „Schwierigkeiten beim Abschluss der Planungen und der Baurechtserlangung“. Zudem könne auch die dänische Projektgesellschaft Femern A/S ihren Zeitplan wohl nicht einhalten. Diese und die DB InfraGO sollen nun einen neuen Termin für die Inbetriebnahme finden. Das BMV warnt: Es werde den Prozess „eng begleiten“.
Bahn will Gespräche mit Dänemark abwarten
Noch im Februar hatte die Bahn keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Gleisausbau zwischen Elmshorn und Pinneberg erst nach Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung beginnen kann, da diese während der Bauarbeiten als Ausweichroute für den Güterverkehr nach Skandinavien erforderlich sei. Inzwischen will sich dazu aber niemand mehr äußern. Die Bahn will nicht einmal die Frage beantworten, welche Routen für den Güterverkehr von Deutschland nach Skandinavien überhaupt bereitstehen. Eine Sprecherin der Bahn bat darum, „zunächst auf die angekündigten Gespräche vor allem auch mit unseren dänischen Partnern“ zu warten. Warten müssen Pendler im Kreis Pinneberg auf die Gleise 3 und 4 wohl noch lange.