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Oberste Tierschützerin in Schleswig-Holstein fordert Pflicht zur Registrierung aller Haustiere

Katharina Erdmann: „Wir sollten die Tierhaltung überdenken“

Hunde und Katzen können, aber müssen nicht registriert und gekennzeichnet werden. (Symbolfoto: Pixabay)

So zutraulich sollte ein Fuchs nicht sein. Eine Familie nahm ihn im Campingurlaub auf, weil er krank war. Auswildern lässt sich das Tier nicht mehr, bedauert Katharina Erdmann von der Wildtierstation in Klein Offenseth-Sparrieshoop. (Foto: Frank)

Katharina Erdmann von der Wildtierstation in Klein Offenseth-Sparrieshoop schaut zu einem Graupapagei auf. Für ihn besteht eine Kennzeichnungspflicht. Erdmann fordert, diese für alle Haustiere einzuführen. (Foto: Frank)

Kreise Pinneberg/Steinburg (jhf) Falsch verstandene Tierliebe treibt zuweilen seltsame Blüten. In Schwerin hielt ein Paar sieben Jahre einen Fuchs in der Wohnung. Die zuständige Behörde schritt ein und quartierte ihn im Wildtier- und Artenschutzzentrum in Klein Offenseth-Sparrieshoop ein. Eine Familie aus Thüringen entdeckte im Urlaub auf einem Campingplatz in Nordfriesland einen jungen kranken Fuchs, päppelte ihn wochenlang auf. Auf der Heimfahrt gab sie ihn in der Wildtierstation ab. Nach Einschätzung von Leiterin Katharina Erdmann wurde der Fuchs aufgrund der gut gemeinten, aber falschen Einzelaufzucht fehlgeprägt. Da er deshalb nicht ausgewildert werden kann, soll er an einen Wildpark vermittelt werden.

Zahl der Haustiere in Deutschland stieg seit 2007 um 48 Prozent

Erdmann steht nicht nur diesen ungewöhnlichen Fällen kritisch gegenüber, sondern auch der Haltung von Katzen, Hunden, Vögeln und Reptilien. Im ersten Corona-Jahr war die Zahl der Haustiere in Deutschland auf einen Spitzenwert von 34,9 Millionen gestiegen und seither um etwa eine halbe Million gesunken, „da ein Großteil davon in Tierheimen landete“, so Erdmann. 2022 lebten im Bundesgebiet 34,4 Millionen Haustiere, etwa 48 Prozent mehr als 2007, teilte die Plattform Statista mit.

"Die Vogelhaltung sollte abgeschafft werden"

„Wir sollten die Haltung von Haustieren überdenken“, fordert die Vorsitzende des Landestierschutzverbands. Beispiel Ziervögel: „Die Vogelhaltung sollte abgeschafft werden.“ Auch die größte Voliere biete Vögeln nicht die Chance auf ein artgerechtes Leben. Beispiel Katzen, mit 15,2 Millionen Exemplaren das beliebteste Haustier in Deutschland: „Die Tierheime sind mehr als voll mit Katzen. Gleichzeitig leben unzählige verwilderte Katzen im Land, die meist krank und verwahrlost sind und zudem eine sehr große Belastung für kleine heimische Wildtierarten bedeuten.“ Erdmann bedauert, dass der Landtag im September den SPD-Antrag auf Einführung einer Kastrierungs- und Registrierungspflicht für Katzen mit Auslauf ablehnte.

Schwarz-Grün lehnte Pflicht zur Katzenkastration ab

Eine landesweite Pflicht zur Katzenkastration sei bürokratischer Irrsinn und kaum zu kontrollieren. Diese Gründe führte Dirk Kock-Rohwer, Tierschutzsprecher der Grünen-Landtagsfraktion, im September gegen einen Antrag der SPD an. Diese hatte nach dem Vorbild anderer Bundesländer eine Katzenschutzverordnung gefordert, die eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen mit Freigang umfassen sollte. Doch der Landtag lehnte ab.

"Es brodelt"

„In der Szene der Tierheime brodelt es, weil sie frustriert sind, dass es nicht geklappt hat“, sagt Katharina Erdmann. Sie ist Vorsitzende des Landestierschutzverbands und leitet zusammen mit ihrem Ehemann Christian Erdmann das Wildtier- und Artenschutzzentrum in Klein Offenseth-Sparrieshoop. Die 51-jährige Katzenliebhaberin fordert: „Jeder, der eine Katze hält, sollte sie kastrieren lassen.“ Die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht ergäben in der Kombination Sinn: Wenn jeder Halter seine Katze kennzeichnen müsste, ließe sich auch kontrollieren, ob er sie kastriert habe. Erdmann begrüßt, dass das Land und viele Kommunen jährliche Kastrationsaktionen für verwilderte Hauskatzen maßgeblich finanzieren. Zum Beispiel leben bei der Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung (GAB) in Tornesch viele verwilderte Katzen, die dort Futter suchten.

Kennzeichungspflicht gilt nicht für alle Tierarten

Die Kennzeichnungspflicht gilt bisher nur für einige Tierarten wie Ziervögel, aber nicht für Hunde, Katzen, Kleinnager, Frettchen, Vogelspinnen und die meisten Reptilienarten. Erdmann fordert, sie für jedes Haustier einzuführen. Solch eine Regelung würde die Tierheime, Auffangstationen und die Ordnungsämter entlasten, da Fundtiere schneller zugeordnet werden könnten und weniger Tiere ausgesetzt werden würden.

Haustier nicht aus Einsamkeit kaufen

Erdmann zeigt sich skeptisch, wenn Menschen aus Einsamkeit ein Haustier kaufen. Jeder sollte sich fragen: „Habe ich einen Plan B für den Fall, dass ich mich nicht mehr um das Tier kümmern kann?“ Es sei nicht die Aufgabe der Tierheime, diese Lücke zu füllen.

Staat soll Tierheime besser bezahlen

Die Ordnungsämter sind für Fundtiere zuständig und bringen diese in Tierheimen und Auffangstationen unter. Für bis zu sechs Monate haben sie die Unterbringungskosten zu tragen. Danach müssen die Einrichtungen selbst dafür aufkommen – möglich nur durch Spenden. Katharina Erdmann sieht in dem Betrieb der Tierheime und -stationen eine öffentliche Aufgabe, vergleichbar mit Kitas und Schulen. Sie fordert, dass der Gesetzgeber sie finanziell so ausstattet, dass sie ihre Arbeit angemessen leisten können.

Berufung zur Tierschutzbeauftragten verlängert

Katharina Erdmann ist seit 2018 die ehrenamtliche Tierschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein. Das Amt wurde damals geschaffen. Landwirtschaftsminister Werner Schwarz verlängerte Erdmanns Berufung im Dezember um weitere fünf Jahre. Sie soll dem Tierschutz mehr Gehör verschaffen.

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